Landratsamt wird Gemeinderatswahl 2019 für ungültig erklären

Gemeinderatswahl: Bürger werden voraussichtlich zwischen dem 18. Dezember und spätestens am 23. April erneut zum Urnengang aufgefordert werden

Bericht von Heike von Brandenstein (Fränkische Nachrichten)

Nach der Stadt Tauberbischofsheim hat auch das Landratsamt auf eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verzichtet. Damit erlangte das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs am 19. August Rechtskraft. Die Konsequenz: Neuwahlen

Einfach aussitzen und durch eine Beschwerde die Zeit verstreichen lassen ging nicht. Das machte Michael Haas, Leiter des Kommunal- und Rechnungsprüfungsamts bei der Landkreisverwaltung, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der Stadt und des Landratsamtes 
am Mittwoch, 24. August, deutlich. Die Zeit zwischen dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim und der turnusmäßigen nächsten Kommunalwahl, die wahrscheinlich für Mai 2024 angesetzt wird, wäre zu lang gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht, da ist sich Haas sicher, wäre sich der Eilbedürftigkeit bewusst gewesen und hätte reagiert.

Rückblick:

Eine Impfingerin hatte mit ihrer Klage Einspruch gegen die Gemeinderatswahl in der Kreisstadt am 26. Mai 2019 eingelegt und verlangt, diese für ungültig zu erklären. Die Rechtsaufsicht des Main-Tauber-Kreises hatte das zurückgewiesen, woraufhin die Bürgerin beim Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart Klage gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt, einreichte. Gegen das Urteil des VG Stuttgart haben Landkreis und Stadt Berufung beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim eingelegt, der das Urteil bestätigte und eine Revision ausschloss. Da Stadt und Landkreis auf eine Beschwerde verzichtet haben, ist das Urteil nun rechtskräftig.

„Wir hatten als Beklagter gehofft, dass wir uns mit unserer Rechtsauffassung durchsetzen“, so Michael Haas. „Nicht sachgerecht“ findet er nach wie vor, dass sich die Wahlanfechtung auf die Sitzverteilung der Ortsteile beruft. Das, so meint er, könne in einem Normenkontrollverfahren vor der Wahl geprüft, nicht aber moniert werden, wenn eine Wahl gelaufen sei. Jetzt aber sei das Urteil rechtskräftig. Für das Landratsamt bedeutet das, so Haas: „Wir werden die Wahl für ungültig erklären.“ Noch seien kleine Abstimmungen vonnöten, 
um rechtssicher zu handeln. In der 36. Kalenderwoche, am Montag, 5. September, soll das Schreiben der Stadt vorliegen.

Für die Stadt heißt es dann, Neuwahlen einzuleiten. „Das ist eine wirkliche Herausforderung“, beschreibt der Amtsleiter diese Aufgabe und verspricht für das Landratsamt: „Wir sind mit im Boot und werden der Stadt beistehen.“
Bürgermeisterin Anette Schmidt blickt nicht zurück. „Wir erkennen den Inhalt des Urteils im wesentlichen an“, sagt sie. Eine intensive rechtliche Auseinandersetzung mit dem Urteil und seinen Folgen habe stattgefunden, in der kommenden Woche gebe es erneut ein Treffen mit den Fraktionsvorsitzen. 

Bereits in der nächsten regulären Sitzung am 28. September will der Gemeinderat die Hauptsatzung, in der die Sitzverteilung festgelegt ist, ändern. Das Gremium muss die im Urteil festgesetzte Repräsentation der Ortsteile gemäß ihrer Einwohnerzahl bei der unechten Teilortswahl berücksichtigen. Auch der Wahltermin soll in dieser Sitzung festgezurrt werden.

„Nach der Gemeindeordnung sind für den Gemeinderat zwischen 18 und 26 Sitze möglich“, so Schmidt. Aktuell gehören dem Gremium nach der aktuellen Satzungsregelung zwölf Gemeinderäte aus der Kernstadt und jeweils einer aus den sechs Ortsteilen an. 
Das, so Schmidt, werde sich ändern müssen. Gerechnet habe man bereits in den unterschiedlichsten Konstellationen hin und her. „Wir werden nie die absolute Gerechtigkeit haben“, so die Bürgermeisterin.

Bei all den Rechnereien erscheinen die Varianten mit 18 oder 23 Gemeinderäten als wahrscheinlichste Lösung. Bei 18 Sitzen würde Impfingen einen mehr erhalten als bisher – also zwei Gemeinderäte stellen. Die Kernstadt müsste einen Sitz abgeben und hätte dann noch 
elf Vertreter. Bei 23 Sitzen würden auf die Kernstadt 14, auf Impfingen, Dittigheim und Distelhausen je zwei Gemeinderäte kommen. Dittwar, Dienstadt und Hochhausen erhielten wie bisher einen Sitz. Bei letzter Variante wären Dittigheim und Distelhausen allerdings mit 
über 20 Prozent überrepräsentiert. Viel zu beachten gibt es jetzt für Stadt, Gemeinderat und die zur Wahl antretenden Parteien. Zum einen gilt es, Fristen zu beachten. So müssen die Wahlvorschläge 59 Tage vor dem Wahltag bei der Stadtverwaltung eingehen. 
Kandidaten aber müssen erst einmal gefunden werden. Schließlich dauert deren Legislatur nur ein gutes Jahr.

Zum anderen müssen ein Gemeindewahlausschuss gebildet, Wahlhelfer bestellt und Wahlunterlagen wie Wahlbriefe, Umschläge und Stimmzettel organisiert werden. Einfach werde das außerhalb der Reihe nicht, prophezeit Schmidt. Das neue IT-Programm „Wahlmanager“ des Rechenzentrums, das eigentlich erst bei der Kommunalwahl 2024 eingesetzt werden sollte, werde in Tauberbischofsheim einen ersten Ernstfall-Probelauf zu bestehen haben, informierte die Bürgermeisterin.

Sie warf auch einen Blick auf die Kommunalwahl 2024. Ob die unechte Teilortswahl für Tauberbischofsheim überhaupt Bestand haben werde, sei eine Entscheidung des neu zu wählenden Gemeinderats.

Michael Haas sprach von einer landesweiten Bedeutung des VGH-Urteils. „Für die rund 380 Kommunen, die die unechte Teilortswahl haben, wird das sicher für Unruhe und Nervosität sorgen“, so der Amtsleiter. Er ist überzeugt: „Rechtsfrieden und Rechtssicherheit ist mit dem jüngsten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nicht erreicht. Mit Blick auf die Kommunalwahl 2024 wird ein ,Geschmäckle’ bleiben.“ Auch die kommunalen Landesverbände seien „not amused“ über das Urteil. Schließlich zwinge es die Kommunen mit unechter Teilortswahl, ihre Hauptsatzung genau unter die Lupe zu nehmen und bei nicht repräsentativer Sitzverteilung zu ändern.

Den bisherigen Beschlüssen des 2019 gewählten Gemeinderats erteilte er grünes Licht. Alle Entscheidungen, die bis zur Ungültigkeitserklärung der Wahl gefasst worden sind, seien gültig. Auch dürfe das Gremium weiterhin zum Beispiel gesetzlich notwendige Beschlüsse fassen.

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